Brennnessel

Urtica dioica
Die Brennnessel hat hauptsächlich ausleitende, entgiftende, harntreibend, blutreinigend und entzündungshemmende Eigenschaften. Eine Kur mit Brennnessel fördert die Ausscheidung von Harnsäure, wirkt antirheumatisch und weckt die Frühlingskräfte. Der hohe Eisen- und Chlorophyllgehalt der Brennnessel entfacht das Innere Feuer und kann als grünes Powertonikum für die schöpferische Kraft des Menschen genutzt werden.

Die Brennnessel stellt sich vor

Die Große Brennnessel ist eine mehrjährige Staude die je nach Standort bis zu 1,80 m hoch werden kann. Aus der Wurzel wächst ein vierkantiger Stängel, an dem kurze Flaumhaare und längere kolbenartige Brennhaare sitzen. Der kriechende, ausdauernde Wurzelstock bildet zahlreiche Ausläufer, wodurch die Brennnessel in größeren, zusammenhängenden Horsten zu finden ist. Die Blätter sind gegenständig und herzförmig zugespitzt. Der Blattrand ist gesägt. Die Blattunterseite ist heller und behaart. Die männlichen Blühtriebe stehen aufrecht und öffnen sich bei Wärme ruckartig und stoßen dabei kleine Blütenstaubwolken aus. Die weiblichen Blühtriebe hängen oder bilden einen kleinen Bogen.

Wo Du die Brennnessel findest

Die Brennnessel kommt nahezu weltweit vor. Sie wächst gerne im Halbschatten und besiedelt mit Vorliebe übersäuerte, mit Stickstoff überdüngte Böden (neben Behausungen, an Waldrändern, Schutthalden). Als sogenannte Ruderalpflanze (lat. Rudera= Schutt) ist sie ein Kulturfolger und sucht die Nähe menschlicher Behausungen. Sie entzieht dem Boden den überschüssigen Stickstoff und stellt das biologische Gleichgewicht wieder her. Der aufgenommene Stickstoff wird in der Pflanze in Eiweißverbindungen umgewandelt.

Nach Hanns Fischer wächst die Brennnessel überall dort, wo die Wünschelrute stark ausschlägt, also an Orten mit erhöhter Erdstrahlung (Kreuzungspunkten).

Haupt-Nutzungs-Monate

Juni und Juli für die Brennesselblätter, August und September für die Samen, Frühjahr oder Herbst für die Wurzeln.

Inhaltsstoffe der Brennnessel

Die Wurzel enthält sekundäre Pflanzenstoffe: Terpene, Polyphenole, sowie Phytosterole und Lektine. Blättern und Kraut enthalten sekundäre Pflanzenstoffe: Terpene, Polyphenole, Cumarine, Flavonole, Flavanone, Isoflavonoide, Tannine, Hydroxyzimtsäuren. Die Brennhaare (an Kraut und Blättern) enthalten Histamin, Acetylcholin, Serotonin, Ameisen-, Essig-
und Buttersäure. Die Samen (eigentlich Früchte) enthalten Proteine, Schleime, Fettsäuren (z.B. Linolsäure) und Carotinoide.

Tipp

Hat man sich an der Brennnessel verbrannt, hilft das Anreiben mit dem Saft des Spitzwegerichs, der auf die brennende Stelle eingerieben wird. Jedenfalls sollte die verbrannte Stelle gekühlt werden (z.B. unter laufendem Leitungswasser).

Was unsere Ahnen bereits wussten: Geschichte und Symbolik

Das Heilwissen des Volkes sagt: „Vor den Brennnesselstauden muss man eine Kniebeuge machen. Sie bringt Linderung für Gelenke, Knochen und stärkt Leib und Seele.“ Die brennenden Eigenschaften der Brennnessel hat immer schon die Aufmerksamkeit der Menschen auf sich gezogen. Der Name Urtica leitet sich vom lateinischen urere = brennen ab. Jedes Brennhaar dringt bei der leisesten Berührung in die Haut und injiziert den ätzenden Zellsaft, der u.a. Histamin und bienengiftartige Substanzen enthält.

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Die Nessel ist eine der ältesten Gespinstpflanzen (Stengelfasern – Nesselstoff) und wurde bis 1720 als heimische Faserpflanze angebaut. Im Märchen „Die wilden Schwäne“ von Hans Christian Andersen muss die stumme Königin aus Nesseln 7 Hemden anfertigen, um ihre Brüder zu erlösen. Die Brennnessel gehörte als einer der neun verschiedenen Kräuter in die traditionelle Gründonnerstagssuppe und war so wichtiger Bestandteil einer Kultspeise, die die Menschen vor Krankheit schützen sollte.

Schon für Hippokrates, den berühmten Arzt aus der Antike, war die Brennnessel wichtig für die Blutreinigung. Auch die Heilige Hildegard von Bingen 2 empfiehlt die Brennnessel zur Reinigung, Entschlackung und als Diuretikum bei entzündlichen Harnwegserkrankungen, Nierengrieß, rheumatischen Beschwerden und Gicht. In der Physica der Äbtissin von Bingen kann man lesen:

„Die Brennnessel ist warm, und wenn sie warm aus der Erde sprießt, ist sie gekocht nützlich für die Speisen des Menschen, weil sie den Magen reinigt und den Schleim aus ihm wegnimmt.“

Nach Nicholas Culpeper vertreibt die Nessel „die phlegmatischen Überflüsse des Menschen, die nach der Kälte und der Feuchtigkeit des Winters zurückgeblieben sind.“ In früheren Zeiten wurde die Brennnessel bereits häufig als aphrodisisches Lenz- und Liebesmittel beschreiben. Im 15.Jahrhundert schreibt Otto Brunfels:“Der Same in süßen Wein reyzet zur Unkeuschheit und thut auf die Macht (Scheide). Etliche andere, wenn sie wollen eheliche Werktreiben, essen sie den Samen mit Zwiebel und Eidottern und Pfeffer“. In den Klöstern war Brennnesselsamen übrigens verboten.

Die Brennnessel in der Traditionellen Europäischen Heilkunde (TEM) und Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM)

Nach der Humoralpathologie ist die Brennnessel eine heiße, trockene Pflanze dritten Grades, die zum hitzigen Temperament des Mars passt. Marsische Energie bedeutet auch feurige Liebe, Sexualität und Potenz. In der TEM wird sie die Brennnessel cholera., kälte- und feuchtigkeitsinduzierten Pathologien eingesetzt, da sie eine tiefgreifende erwärmende Kraft hat. Durch ihre erwärmende Qualität fördert sie die Bereitstellung von Energie und Substanz. Als bewährtes Antidyskratikum aktiviert die Brennnessel die Entgiftungsorgane des Organismus und fördert Ausscheidung und Entschlackung.

Auch in der TCM wird die Brennnessel als warm – kühl, leicht salzig und zusammenziehend, mit der Zuordnung zu den Meridianen Lunge, Milz, Niere, Blase beschrieben. Die Blut- und Säfte nährende Qualität der Brennnessel ist hilfreich bei Anämien und Hautkrankheiten. Die Brennnessel leitet feuchte Hitze und Schleim im Unteren Erwärmer aus (Entzündung, Prostatahypertrophie). Sie wirkt Feuchtigkeit ausleitend (Ödeme) und Wind-Feuchtigkeits-Bi-ableitend (rheumatische Gelenkerkrankungen, harnsaure Diathese, Schwellungen, Entzündungen).

Die Wirkung der Brennnessel

Antioxidativ (in Blättern höher im Kraut und dort höher als in der Wurzel), blutreinigend; eisenliefernd; entzündungshemmend, haarwuchsfördernd, harntreibend, harnsäureausscheidend, entsäuernd, immunstimulierend und -regulierend; krebsfeindlich, abwehrsteigernd, antirheumatisch, aphrodisierend (aphrodisisch), tonisierend, erheblich nebennierenstärkend, antiallergisch, antimikrobiell, antiviral, fungizid, antiandrogene und prostataschützend.

Die Bedeutung der Brennnessel für die Gesundheit

Volksheilkundlich wurde die Brennnessel von jeher zur Blutreinigung, Entschlackung und Unterstützung von Frühjahrskuren eingesetzt. Die Brennnessel ist ein gutes Diuretikum, sorgt für Ausleitung und Entgiftung über die Nieren, senkt den Harnsäurespiegel und lindert rheumatische Beschwerden.

Durch seinen hohen Eisengehalt reguliert die Brennnessel den Hämoglobingehalt der roten Blutkörperchen bei Anämie. Ausgleichend zu dem im Pflanzenreich untypischen hohen Eisengehalt besitzt die Brennnessel auch einen hohen Chlorophyllgehalt. Bei Eisenverwertungsstörungen und leichten Formen von Blutarmut, bei denen Eisenaufnahme und Eisenstoffwechsel angerecht werden sollen, kann die Brennnessel gute Dienste leisten. Sie ist als aufbauendes Mittel bei Blutarmut nach starkem Blutverlust (starke Menstruationsblutungen) bekannt. Bei Erschöpfungszuständen, in der Rekonvaleszenz, zur Stoffwechselaktivierung bei Frühjahrsmüdigkeit ist eine Brennnesselkur zu empfehlen. Schon weit zurück in der Geschichte wurde die Brennnessel als Tonikum und „Biostimulans“ zur Steigerung der „Aktivität der Lebensvorgänge“ eingesetzt. Ein altes römisches Rezept, das bereits vom römischen Dichter Ovid beschrieben wurde und sich bis in die Renaissance gehalten hat, beschreibt den Einsatz der Brennnesselsamens sogar als Aphrodisiakum: „Nimm den Samen der Brennnessel, mische ihn mit Pfeffer und Honig und trinke dies in Wein, das erregt alles.“

Der Samen der Pflanze beinhaltet Pflanzenhormone (Phytosterine), die den Körper vitalisieren. Dies wussten früher bereits die Pferdehändler, die vor dem Verkauf ihre alten oder geschwächten Pferde mit Brennnesselsamen in Futter auf Vordermann brachten. In der heutigen Naturheilkunde bewährt sich der Brennnesselsamen als Tonikum zur Anregung der Körperfunktionen bei Erschöpfungszustände. Die gesammelten Samen können getrocknet gut aufbewahrt werden und frisch geschrotet oder im Mörser zerkleinert z.B. auf ein Butterbrot gestreut werden. Das Brennnesselkraut wird unterstützend auch bei rheumatischen Erkrankungen und Arthose eingesetzt.

Die Wurzeln der Brennnessel finden Verwendung bei Prostataerkrankungen und Beschwerden beim Wasserlassen durch Prostatavergrößerung. Sie führt bei benigner Prostatahyperplasie zu einer Erhöhung des Miktionsvolumens und zu einer Verminderung der Restharnmenge.

Die Botschaft der Brennnessel

Der Kontakt mit der Brennnessel fordert unsere Aufmerksamkeit ganz plötzlich: nur eine zarte Berührung und schon bündelt sie unser konzentriertes Bewusstsein. Die Brennkraft der Brennnessel entfacht das innere Feuer, stärkt die schöpferische Willenskraft, verleiht als Tonikum mehr Power (und sexuelle Kraft).

Die Brennnessel stärkt das Feuerelement, erwärmt das vor emotionaler Kälte erstarrte Herz für neue Leidenschaft und Intensität der Emotionen. Die feurige Pflanze hilft innere Ressourcen zu erschließen und die ureigenste Kraft und Individualität zu leben. Die Brennnessel hilft negative, zerstörerische, aggressive Energie in Form von Selbstüberwindung und Willensstärke in schöpferische, kreative Energie zu verwandeln. Das strukturierende Feuer der Brennnessel hilft reizbaren, unzufriedenen Menschen einen Blick für die schönen und positiven Aspekte des Lebens zu entwickeln. So wie sich der zuerst schmerzhafte Hautkontakt der Brennnessel in wohltuende Wärme transformiert, löst die Brennnessel geistige und emotionale Stauungen auf und lässt auch auf seelischer Ebene Energien und Lebensfreude z.B. nach traumatischen Erlebnissen wieder fließen. Sie fördert die Transformation vom starrköpfigen, zynischen, engstirnigen Ego zur harmonischen, wohltuenden Selbstentfaltung des eigenen Potentials. Die Pflanze lädt zur ehrlichen Selbstreflexion ein, um schmerzhafte, aber notwendige Änderungen im Leben anzugehen.

Die Brennnessel befeuert anstehende Entwicklungs- und Veränderungsprozesse:

"Ja, ich weiß vorher ich stamme/ungesättigt gleich der Flamme/glühe und verzehr ich mich. /Licht wird alles, was ich fasse,/Kohle alles was ich lasse,/Flamme bin ich sicherlich."
Friedrich Nietzsche, Ecce homo

Merkhilfe: Signatur der Brennnessel

Die Brennnessel wächst auf jedem „Mist“. Die feurige Heilpflanze liefert uns einen Hinweis, dass wir auch unseren „Inneren Mist“ gedeihlich transformieren können. Die Grundbedeutung der Pflanzensymbolik steht für Reinigung, Befreiung, inneres Feuer als Basis für Entwicklung, Wachstum und Bereitschaft zum Kampf. Albrecht Dürer malte einen aufwärtsfliegenden Engel mit einer Nessel in der Hand.

Der aufdringliche Uringeruch der Brennnessel ist ein Hinweis auf die harntreibende und stoffwechselaktivierende Wirkung.

Was zu beachten ist

Die Brennnessel kann Allergiepotenzial haben, daher Vorsicht bei Allergikern. Die Brennnessel sollte nicht als Durchspülungstherapie bei Ödemen infolge insuffizienter Herz- oder Nierenfunktion eingesetzt werden.

Anwendungstipps

Keine Angst! Beim Verzehr von Brennnessel verbrennt man sich nicht die Zunge, sie verliert ihre brennenden Eigenschaften beim Kochen.

Für die Hausapotheke: Brennnesseltee

Zutaten

  • Brennnesselblätter oder -kraut
  • kochendes Wasser

Zubereitung

2 Teelöffel Brennnesselblätter oder -kraut (Blätter und Blüten), getrocknet oder frisch geschnitten mit 1 Tasse kochendem Wasser übergießen, 10 Minuten ziehen lassen und abseihen.

Anwendungsgebiete:

  • als Frühlingskur über 4-6 Wochen 3 Tassen täglich trinken.
  • begleitend bei Rheuma, Arthrose und chronischen Hauterkrankungen (Ekzeme)
  • bei Erschöpfungszuständen und chronischer Müdigkeit.

Brennnesselsuppe für 1 Personen

Zutaten

  • 4 Handvoll Brennnessel
  • 2 Teelöffel Mehl (Maismehl, Dinkelmehl, Reismehl)
  • 2 Tassen Milch/Reismilch oder 1 Tasse Kokosmilch + 1 Tasse Wasser
  • ½ Knoblauchzehe, Muskat, Salz
  • 1 Esslöffel Butter
  • 1 Esslöffel Zitronensaft
  • 1 Teelöffel Parmesankäse oder Schafhartkäse (bei Histaminintoleranz weglassen)

Zubereitung

Die Brennnessel mit Wasser kurz aufkochen, anschließend pürieren. Butter, Mehl und Milch unter Rühren zu einer Mehlschwitze sanft aufkochen, Brennnesselmus unterrühren. Mit den Gewürzen abschmecken. Mit Käse überstreut servieren. Kartoffel/Süßkartoffel passen gut dazu.

Brennnesselsamen: Powerfood für belastende Zeiten

Brennnesselsamen kann im Herbst gesammelt und getrocknet als Vorrat gelagert werden. Brennnesselsamen eignet sich als Powerfood für stressige und fordernde Zeiten. Einfach ein Teelöffel getrockneter Brennnesselsamen täglich der Frühstücksspeise (Müsli, Joghurt, Obstsalat) beimengen.

Brennnesselsamen: Powerkonzentrat für Zwischendurch

Zutaten

  • 200 g Honig
  • 1 Esslöffel Curcuma
  • 2 Esslöffel Brennnesselsamen (geschrotet)
  • 1 Esslöffel frisches Leinöl

Zubereitung

Zutaten gut vermischen und bei Energiebedarf 1 Teelöffel genießen.

Steckbrief

Familie

Brennnesselgewächse (Urticaceae)

Gattung

Brennnesseln

Synonyme

Haarnessel, Hanfnessel, Nessel, Donnernessel

Verwendete Pflanzenteile

Kraut, Wurzel, Samen

Anwendungsgebiete

Power für den Mann
Stoffwechsel und Gewichtsregulation
Energie, Leistungsfähigkeit und Vitalität

Inhaltsstoffe

Vitamine
Vitamin C
Sekundäre Pflanzenstoffe

Sammelzeit

Jan Feb Mär Apr Mai Jun
Jul Aug Sep Okt Nov Dez
Stand vom 31.01.2019
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Literaturhinweise:

  • 1) Fischer, Hanns. Aberglaube oder Volksweisheit? Der wahre Sinn der Bauernbräuche. Breslau 1936
  • 2) Fischer, Hermann. Die Heiligen Hildegard von Bingen. Die erste Naturforscherin und Ärztin. IhrLeben und Ihr Werk, München 1927. Fischer, Hermann. Mittelalterliche Pflanzenkunde, 1929.
  • 3) Culpeper, Nicholas (1618-54). Culpeper`s Complete Herbal. Foulsham, London, 1995.
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